Liebe Mama,
ich weiß, wie sehr du dich bemühst. Ich sehe dich, wie du mich eincremst, wie du meine Haut vorsichtig betrachtest und hoffst, dass sie endlich heilt. Ich spüre deine Fürsorge in jeder Berührung. Und ich spüre auch deine Sorge, deine Müdigkeit, dein „Ich weiß nicht mehr weiter“.
Ich möchte dir sagen: Du machst nichts falsch. Ich weiß, du hast schon vieles ausprobiert, Cremes, Ernährung, Hausmittel, Arzttermine, Ratschläge. Du suchst nach der einen Ursache, nach dem einen Schlüssel, der alles löst. Aber meine Neurodermitis ist nicht nur etwas, das von außen kommt. Sie ist auch Ausdruck meiner Empfindsamkeit, meiner Art, auf die Welt zu reagieren.
Ich bin ein Kind, das viel wahrnimmt. Ich spüre Geräusche, Blicke, Spannungen, manchmal so stark, dass es mich überfordert. Und dann zeigt meine Haut, dass es zu viel wird. Sie juckt, sie brennt, sie wehrt sich. Nicht, weil ich dich ärgern will, sondern weil mein Körper einen Weg sucht, sich zu entlasten.
Ich reagiere auf vieles: auf Hitze, Wolle, Nahrungsmittel, aber auch auf das, was zwischen uns passiert.
Wenn du gestresst bist, wenn du traurig bist, wenn du dich selbst zurücknimmst, dann spüre ich das mit. Nicht, weil du schuld bist, sondern weil wir verbunden sind. Ich trage mit, was du trägst. So wie du alles mitträgst, was mich betrifft.
Manchmal wünsche ich mir, du würdest für einen Moment alles loslassen. Nicht mich, sondern die Anstrengung, alles richtig zu machen. Ich wünsche mir, dass du dich hinsetzt, atmest und dich spürst.
Dass du dich nicht in Pflegeroutinen verlierst, sondern dich selbst mit derselben Fürsorge berührst, die du mir schenkst.
Ich brauche keine perfekte Mama. Ich brauche eine, die sich erlaubt, müde zu sein. Eine, die sagt: „Heute ist es mir zu viel“, ohne Schuldgefühl. Eine, die weiß, dass Liebe nicht darin besteht, alles im Griff zu haben, sondern darin, da zu sein.
Meine Haut wird nicht über Nacht heilen. Aber sie reagiert, wenn du dich veränderst. Wenn du weniger kämpfst. Wenn du dich liebevoller ansiehst. Wenn du beginnst, auf deinen eigenen Körper zu hören.
Ich weiß, du zweifelst oft an dir. Du denkst, du müsstest ruhiger, geduldiger, konsequenter sein.
Doch weißt du was? Ich brauche dich genau so, wie du bist. Echt. Lebendig. Mit deinen Widersprüchen.
Wenn du dich annimmst, kann ich mich sicher fühlen.
Manchmal juckt meine Haut, wenn du versuchst, stark zu bleiben, obwohl du innerlich längst erschöpft bist. Manchmal spannt sie, wenn du dich zusammenreißt. Vielleicht will sie dir damit sagen: Du darfst loslassen. Nicht alles kontrollieren. Nicht alles alleine tragen.
Ich weiß, dass es schwer ist, zuzusehen, wie ich kratze. Dass es weh tut, wenn ich weine, wenn ich blute, wenn du mich beruhigen willst und nichts hilft. Aber du hilfst mir, wenn du bleibst. Wenn du mich nicht aufgibst, auch nicht in den Nächten, die kein Ende nehmen. Deine Nähe beruhigt mich, auch wenn du das nicht immer sofort siehst.
Vielleicht ist meine Neurodermitis ein gemeinsamer Weg. Ein Weg, auf dem du lernst, dich selbst wieder ernst zu nehmen. Nicht nur als Mutter, sondern als Mensch. Wenn du aufhörst, dich über Erschöpfung hinwegzusetzen, wenn du dir erlaubst, freundlich mit dir selbst zu sein,
dann spüre ich das. Dann muss meine Haut nicht mehr alles ausdrücken, was unausgesprochen bleibt.
Ich brauche nicht, dass du alles heilst. Ich brauche, dass du bei mir bist, nicht kämpfend, sondern verbunden. Dass du mich anschaust, nicht nur meine Haut. Dass du mir zeigst, dass Körper nicht Feinde sind, sondern Teil von uns.
Ich werde wachsen. Ich werde lernen, mit meiner Haut zu leben, sie zu verstehen, sie zu schützen.
Aber ich brauche dich als Vorbild. Wenn du lernst, mit deiner eigenen Empfindlichkeit achtsam umzugehen, lerne ich es auch. Wenn du dich selbst respektierst, kann ich mich entspannen.
Mama, du machst das gut. Auch an den Tagen, an denen du daran zweifelst. Meine Haut spricht vielleicht lauter, als du möchtest. Aber sie spricht nicht gegen dich. Sie spricht zu dir.

